Elektromobilität -
mit einem Schlüsselerlebnis fing alles an


Wir machten Urlaub in Todtmoos (Schwarzwald).
1988 sind wir (ich meine damit meine Frau Elke und mich, Gerd) mit unserem Friseurgeschäft auf die gegenüberliegende Straßenseite umgezogen. Es war eine anstrengende Zeit, die wir hinter uns hatten, denn jetzt nach einem Jahr konnten wir unser Geschäft für 14 Tage alleine in den Händen unserer Mitarbeiter lassen.
Am 2. Urlaubstag saß ich auf dem Balkon, als ich ein Geräusch hörte, das mich an eine klimpernde Werkzeugtasche an einem Fahrrad erinnerte.

Ich sprang von meinem Sonnenstuhl auf, um zu sehen, was ich zunächst nicht glauben konnte.
Es war kein Fahrrad, das sich durch den gebirgigen Schwarzwald quälte, sondern ein Fahrzeug, das ich noch nie gesehen hatte.

Es sah aus, als hätte man 2 Fahrräder nebeneinander mit einer Sitzbank in der Mitte verbunden. Darüber war ein Sonnendach mit Solarzellen, nach unten konnte ich noch so eben Batterien und einen Elektromotor erkennen. Schon war es um die Straßenecke verschwunden.
Ich machte mir sofort Gedanken: ein elektrisch angetriebenes Vehikel hier in den Bergen und so schnell?

Am nächsten Morgen fragte ich, ob es hier ein Fahrradgeschäft gäbe.
Mann nannte mir 2 Geschäfte. In einem dieser beiden Geschäfte bekam ich einen Hinweis, dass da vorne ein Spinner mit so einem Vehikel bei Ihnen Ersatzteile gekauft hätte. Ich fuhr sofort dahin.
Und richtig: von einer gewissen Entfernung erkannte ich das Gefährt. Sein Besitzer war daran am arbeiten. Ich rief ihm zu, ob ich mir dies einmal ansehen könnte, und ob er mir das erklären könnte.

Er rief zurück, dass das nicht ginge, er habe die Pläne dafür an jemanden verkauft und deshalb dürfe kein anderer dieses sehen. Später habe ich erfahren, dass daraus das Fahrzeug „Hotzenblitz“ gebaut wurde.

OK, ich habe verstanden!
Meine Frau und ich fuhren nach Freiburg und kauften in einer Bücherei Bücher über Photovoltaik, Elektro-, HALT, damals wurden sie noch Solarmobile genannt, und den Bau von Solarfahrzeugen.
In diesen Büchern wurde immer wieder die „Tour de Sol“ erwähnt.

Im Urlaub hatte ich jetzt genügend Zeit das alles zu lesen und beschloss, wenn ich zu Hause sein würde, mich sofort damit weiter zu beschäftigen.

Beschlossen und getan:

Als wir wieder zu Hause waren, fuhr ich am nächsten Montag auf unsere Schrottplätze in Dortmund. Ich hatte Glück und fand ein kleines Auto das, mit einem Mopedmotor angetrieben wurde. Da es noch fahrtüchtig war, aber nicht mehr TÜV hatte, begannen die nervenaufreibende Gänge um Erlaubnis usw., bis ich beschloss, das alles erst dann zu machen wenn ich das Fahrzeug auf elektrisch umgebaut hatte. Also, rauf auf einen Anhänger und ab zum Autohaus Stüwe in Westhofen (Schwerte).
In der Zwischenzeit hatte ich über meine Idee mit meinen Kunden geredet. Auf einmal fragte eine Reporterin von einem Vorortblatt bei mir nach, ob sie darüber berichten dürfte.
Jetzt kam alles ins Rollen. Nachdem der Bericht in der Zeitung erschienen war, bekam ich einige Anrufe von Leuten, die dieses Thema ebenso interessant fanden. Ich habe alle, die sich dafür interessierten, in das Restaurant Forstschlösschen zum Gedankenaustausch eingeladen.

Fast alle waren sich einig, dass wir einen Verein gründen sollten. Doch wie geht das? Wir beschlossen uns jetzt regelmäßig zu treffen. Bei jedem Treffen wurde unsere Vorstellung über die Vereinsziele konkreter, und wir hatten den Namen für den Verein gefunden.

Initiative Solarmobil Ruhrgebiet

An Hand von Satzungen aus anderen Vereinen wurde unsere Satzung mit den Zielen, die wir mittlerweile erreicht hatten, formuliert und beim Amtsgericht eingereicht.
Als erster Vorsitzender Gerd Petrusch und zweiter Vorsitzender Arnold Bock nahmen wir die Arbeit auf, was in den nächsten Jahren zu einer Pionierarbeit werden sollte.
Wir beschlossen, als Initiative hier im Ruhrgebiet die Solarmobile der Öffentlichkeit vorzustellen und bekannt zu machen. Es sollte einmal im Jahr eine Veranstaltung unter dem Begriff „Solarmobil Tour de Ruhr“ stattfinden. Wir sind auch heute noch der Meinung die Veranstaltung sollte immer am Anfang der Sommerferien in NRW stattfinden. Also besuchten wir die Tour de Sol in der Schweiz und lernten, wie man solche Veranstaltungen plant, ausrichtet und durchführt. Eines unserer Ziele war, alle Teilnehmer die an der Tour mitmachen, hier im Ruhrgebiet zu zeigen wie gastfreundlich wir hier sind.
Arnold Bock und ich brauchten Geld, um für die Teilnehmer, Unterkunft, Verpflegung und Preisgelder für die Energiewertung zu bekommen.
Wir entwickelten ein Sponsorkonzept und begannen mit Sponsorgesprächen. In den ersten zwei Jahren erarbeiteten wir ein Konzept, so dass 1991 die erste Solarmobil Tour de Ruhr statt finden konnte.

Wir hatten Sponsoren aus Städten, Firmen, EVU s (Elektro-Versorgungs-Unternehmen) und vielen anderen Organisationen gefunden, die unser umweltfreundliches Werben mit regenerativen Energien zum Antrieb von Elektromobilen sehr gut fanden. Wir mussten lernen, wie wir Genehmigungen bekamen, wie unsere Teilnehmer sich zu verhalten hatten, was erlaubt und nicht erlaubt ist, wie wir die Öffentlichkeit motivieren können und das Ganze ökologisch und ökonomisch gestaltet werden muss.
Früher haben wir die zu fahrenden Strecken vorher abgefahren und haben jede Straße, die zu fahren war mit „grade, rechts, links, über, in“ beschrieben. Heute hat jeder sein NAVI.
An den wenigen Montagen und Sonntagen, die dann noch übrig blieben, waren wir auf Ausstellungen, Veranstaltungen, Umweltmärkten usw. um diesen revolutionären Gedanken der Öffentlichkeit bekannt zu machen.
Wir führten unzählige Gespräche über den Begriff Solarmobil, dem Glauben, Strom aus der Steckdose sei nicht sauber, über Reichweite, Batterien, familienfreundlich, Urlaubreisen, Sicherheit und vieles mehr.

Ach ja, da war noch mein Umbau vom Mopedauto zum Solarmobil.
Immer, wenn es ging habe ich daran in der Autowerkstatt Stüve gearbeitet. Ein großes Lob an diese Werkstatt, die mir einige Arbeiten abgenommen haben, die ich als Friseur nicht machen konnte.
Wo wir schon beim Loben sind, mein Kollege Arnold Bock hat mir immer mit aufbauenden Rat und Tat zur Seite gestanden. Und da wären unsere Frauen, ohne sie wäre alles schon früher gescheitert, wenn sie nicht mit uns so geduldig gewesen währen.
Nach ca. 3 Jahren wahr der „Jonny Golf“ fertig. Ich fuhr mit ihm elektrisch beim TÜV vor und fiel bei der ersten Funktionsprüfung durch. Die Prüfung bestand daraus, dass das Lenkrad voll links eingeschlagen wurde und bei der Fahrt sich wieder automatisch in die Geradeausfahrt lenken musste, doch mein Jonny fuhr immer nur links herum.
Danach hat das E Mobil 10 Jahre nur so rum gestanden.

Nach unserer ersten Tour de Ruhr habe ich bei mir zu Hause angefangen, eine 1,25 kW Photovoltaik Anlage und eine 6 qm Solarthermik Anlage mit Niedertemperatur Gas Anlage zu Installieren.
Ich habe dem Wirtschaftministerium geschrieben, um auf Förderung für Solarmobile aufmerksam zu machen. Das wurde sogar erhört und ich bekam als erster eine Förderung von 10.000,- DM für mein erstes Solarmobil (Kewet 2). Später (2005) erhielt ich noch eine Auszeichnung als Energiesparer NRW für mein Haus mit Solarstrom und Solarwärme.

Nach fast 20 Jahren haben mein treuer Gefährte Arnold Bock und ich im Jahr 2010 unseren Vorsitz an die jüngere Generation abgegeben, die uns sofort zum Ehrenvorsitzenden und Präsidenten gewählt haben.

Meine neue Aufgabe sehe ich darin, die Elektromobilität in Dortmund voran zu treiben, in dem ich den „Runden Tisch Elektromobilität“ leite.
In unregelmäßigen Abständen, aber mindestens 4 mal im Jahr, treffen wir uns bei der DEW21 in Dortmund und sprechen mit Behörden, Ämtern, Fachhochschulen, EVU s, Ministerien, Bürgern, Banken, Politikern usw.
Wir haben in Dortmund durch das ehrgeizige Vorantreiben der RWE eine Infrastruktur an Stromnachladestationen geschaffen, die eine Anschaffung von 30 bis 50 Elektromobilen fordert.

MfG. Gerd Petrusch.

Tour de Ruhr 1993

Hendriks erster mini EL, später, ab 1999, das erste Auto des Sunny-Cani-Teams, bis sich ein Schüler des Antons damit überschlagen hat.


Tour de Ruhr 1994